Der Dinkelberg – Karsthöhlen, verschwundene Bäche und geheimnisvolle Dolinen


Diese spektakuläre Landschaft im äußersten Südwesten des Schwarzwalds wird Ihnen gefallen, zumal diese Region in touristischer Hinsicht noch ein absoluter Geheimtipp ist. Kalksteinphänomene und Karstformationen prägen den Dinkelberg, der mit allerlei Überraschungen aufwarten kann.

Sie suchen den Dinkelberg und wollen seinen Gipfel wagemutig erklimmen? Tut mir leid, da werden Sie vergeblich auf Karten und Wegweisern Ausschau halten. Und ich muss es ja wissen, denn ich bin der für den Südschwarzwald zuständige Wichtel namens Wido. Um es gleich vorweg zu sagen – den Dinkelberg gibt es nicht, vielmehr bezeichnet der Name eine ganze Landschaft, respektive einen Gebirgsstock oder sogar eine Region. Das ist wie bei so vielem im Schwarzwald nicht mit einem Wort zu erklären. Der Dinkelberg ist also ein dehnbarer Begriff, fest steht jedoch, dass er ein einzigartiges Phänomen ist, das vor Naturdenkmälern und skurrilen Launen der Natur geradezu wimmelt.

Ich will versuchen, den Dinkelberg geografisch festzuzurren: die Region liegt in der südwestlichsten Ecke Deutschlands zwischen den Flussläufen des Rheins im Süden und der Wiese im Norden und Westen. Das Wehratal bildet die östliche Grenze des Dinkelbergs. Zwischen Lörrach, Schopfheim, Rheinfelden und Wehr gibt es eine Vielzahl an Höhlen, Quelltöpfen, Dolinen und sogenannten Bachschwinden, alles Naturerscheinungen, die dem karstigen, also kalkigen Boden des Dinkelbergs geschuldet sind. Gehen Sie mit mir auf Entdeckungsreise und lernen Sie diese kleine und überaus vielfältige Region meines Südschwarzwalds kennen.

Lörrach – hier ist immer etwas los!

Die Stadt hat historisch, kulturell und in puncto Zeitgeist allerhand zu bieten. Im Revolutionsjahr 1848 war Lörrach einige Tag lang die Hauptstadt der von Gustav Struve ausgerufenen Republik. Hier wirkte auch der Dichter, Vikar und Hilfslehrer Johann Peter Hebel. Und heute gibt es selbst für unsere modernen Zeiten etwas recht Ungewöhnliches: die Graffiti-Brücke von Lörrach.

Man mag zu den „Schmierereien“ an Hauswänden und sonstigen Bauwerken stehen wie man möchte. Doch Lörrach hat es geschafft, aus der Not eine Kunst zu machen. Die Stadt vergibt an talentierte Graffiti-Künstler eine sogenannte Greencard, die quasi die Lizenz zum Sprühen darstellt, und die an einem einzigen Bauwerk nach Herzenslust ausgeübt werden kann – der Lörracher Autobahnbrücke.

Auf den Plätzen und Straßen der Stadt herrscht munteres Leben mit viel Kleinkunst, Einkaufsmöglichkeiten und kulinarischen Verlockungen. Auch die Nähe zur Schweiz und zum Elsass machen Lörrach zum beliebten Ausgangspunkt für grenzüberschreitende Abstecher in die „anderssprachigen“ Nachbarländer.

Schöne Orte, tiefe Höhlen, launische Bäche und seltsame Seen

Die Stadt Rheinfelden ist überaus vielseitig, da direkt am Rhein und in einer wunderschönen Hügellandschaft gelegen. Freizeitangebote gibt es hier zuhauf, allen voran Wasservergnügen im und auf dem Hochrhein. Ob Kanufahren, Schiffstouren oder Schwimmen – das breite Hochrheintal lässt kaum Wünsche offen. Die pittoreske Landschaft des Dinkelbergs ist ein großartiges Wanderterrain, das mit seinen 500 m Höhe auch spektakuläre Ausblicke garantiert.

Das Highlight des Dinkelbergs ist die Tschamberhöhle bei Rheinfelden-Riedmatt. Darin wird es sogar so manchem von uns Wichteln unheimlich, denn in den vielen unterirdischen Gängen der 600 Meter weiten Höhle ist es sicherlich nicht ganz geheuer. Der durch die Höhle fließende Bach samt seinem tosenden Wasserfall sorgt garantiert auch bei weniger sensiblen Naturen für einen leichten Gänsehauteffekt.

Nicht minder beeindruckend ist die Erdmannshöhle bei Hasel, ein kleiner Ort, der sich sehr malerisch in die für den Dinkelberg typische Dolinenlandschaft schmiegt. Die bizarren Tropfsteinsäulen geben dieser Höhle etwas Schaurig-Schönes, das viele Besucher magisch in die Tiefe zieht, aus der sie jedoch alle gerne ans Tageslicht zurückstreben. Um diese Höhle ranken sich besonders viele Mythen und Sagen, was jeder, der die Erdmannshöhle mit eigenen Augen gesehen hat, auf Anhieb glaubt. Natürlich gibt es noch sehr viel mehr Kalksteinhöhlen, unterirdische Bachläufe und Dolinen, die urplötzlich in die Erde gebrochen zu sein scheinen.
Oder ein ganz besonderer See, ein sogenannter Quelltopf bei Schopfheim-Eichen. Dieses Naturschauspiel ist die meiste Zeit des Jahres eine eher unscheinbare Mulde, in der sogar hübsche Wiesenblumen blühen. Doch urplötzlich verwandelt sich diese aus Muschelkalk bestehende und von vielen Rissen durchzogene Senke in den Eichener See. Dann nämlich, wenn sich in den darunter liegenden Höhlen das Grundwasser staut, so dass es durch die Risse nach oben gedrückt wird und quasi fröhlich sprudelnd das natürliche Bassin füllt. Diese Laune der Natur hat im Jahr 1772 fünf jungen Männern das Leben gekostet. Wären sie nur einige Tage später an diesen seltsamen See gekommen, hätten sie trockenen Fußes über die dann vorhandene Wiese gehen können.

Auch die Bäche des Dinkelbergs verhalten sich merkwürdig. So tauchen manche Wasserläufe ganz einfach in Studellöcher ab und sind verschwunden. Der Dorfbach von Rheinfelden-Nöllingen hat seine Quelle direkt neben der Kirche des Ortes, was ebenfalls nicht zu den gängigen Gepflogenheiten von Bächen zählt. Aber das ist nun einmal typisch für meinen Südschwarzwald. Da geht nicht alles mit rechten Dingen zu, denn nicht von ungefähr ist unser Schatz an Sagen und Legenden besonders reich und vielfältig. Ich könnte Ihnen einige Geschichten über meine Heimat erzählen. Oder andere Wichtel aus meiner Sippe, besonders die hochbetagten, die sich noch an weit zurückliegende Zeiten erinnern können.

Neben den natürlichen Phänomenen kann der Dinkelberg auch mit Besonderheiten aufwarten, die menschlichen Ursprungs sind. So beispielsweise in Enkendorf, einem Ortsteil der Stadt Wehr. Dieser Ortsteil bezeichnet sich selbst überaus selbstbewusst als „Freistaat“, was die hier wohnhaften Enkendörfler sehr stolz und engagiert zur Sprache bringen. Ein eigenes Ortsschild aus Holz mit der Aufschrift „Freistaat Enkendorf“ signalisiert selbst unwissenden Besuchern, was es mit diesem Kleinstaat auf sich hat. Das beeindruckende Gehörn oberhalb des Schriftzugs soll keinesfalls bedrohlich wirken, es steht aber als Symbol für die Eigenständigkeit und das Gefühl der Zusammengehörigkeit, die diese dörfliche Gemeinde in vielerlei Hinsicht lebt.

Auch dies ist eine Eigenart meines Südschwarzwalds, der seit jeher ein beliebter Treffpunkt von Revoluzzern, Freigeistern und großen Visionären war. Manche bezeichnen die Südschwarzwälder auch als ein klein wenig dickköpfig. Ich weiß, wovon ich rede, denn meine eigenen Verwandten nennen mich verschroben, was natürlich Unsinn ist. Als typischer Bewohner des Südschwarzwalds habe ich eben meinen eigenen Wichtelkopf, worauf ich übrigens auch stolz bin.

Streifen Sie mit mir durch den Dinkelberg und Sie werden verstehen, was ich Ihnen hier zu erklären versuche. Diese Landschaft verführt zum Schwärmen und zum Träumen, wobei auch Abenteuer und Entdeckerfreude nicht zu kurz kommen. Nicht alles, was es auf dem Dinkelberg gibt oder geschieht, kann wissenschaftlich oder rational erklärt werden – und das ist gut so. Mein Südschwarzwald steckt voller verborgener Schätze, von denen ich Ihnen einige davon zeigen möchte.