Der Hotzenwald – Hochebenen, Hochtäler und Hochrhein


Er liegt im äußersten Süden des Landes und wird von seinen Bewohnern gern die Sonnenterrasse des Schwarzwalds genannt. Der Hotzenwald ist wildromantisch und lieblich zugleich, während die „Hotzenwälder“ keinesfalls nur sanftmütig und friedliebend sind, was man beim Anblick der anmutigen Landschaften eigentlich annehmen könnte…

Der südlichste Teil des Schwarzwalds wird von sonnenüberfluteten Hochebenen und tief eingekerbten Tälern und Schluchten geprägt. Der Hotzenwald fällt terrassenartig vom Hochschwarzwald bis zur Schweiz zum Hochrhein hinunter und ist ein Paradies für Frischluftaktivitäten von Januar bis Dezember. Ob Wandern oder Langlaufen in abgeschiedener Ruhe und herrlicher Natur – im Hotzenwald werden Sie wieder zu sich selbst finden und dabei mancherlei überraschende Erkenntnisse gewinnen. Kleine, verwunschen scheinende Dörfer, idyllische Aussiedlerhöfe und saftig grüne Wiesen und Wälder spielen die Hauptrollen in dieser wunderschönen Kulturlandschaft, die Ihnen eine Auszeit von der grauen Routine des Alltags garantiert. Auch wir Wichtel leben gerne im Hotzenwald. Mein Name ist Wido, ich bin sozusagen Ihr Begleiter durch den Südschwarzwald und zeige Ihnen meine Heimat gewissermaßen aus der Wichtelperspektive.

Kontrastreiche Landschaft und eigenwillige Bewohner – der Hotzenwald ist anders

Der Hotzenwald lässt sich nicht mit wenigen Worten beschreiben. Dazu ist diese Region des Schwarzwaldes ganz einfach zu vielschichtig, zu sehr in sich verwoben und irgendwie auch kompliziert. So wird das Landschaftsbild einerseits von bewaldeten Plateaus und Hochflächen geprägt, die durch ihre Südlage Sonne satt bekommen. Die Fernsicht von den Höhen des Hotzenwalds ist furios: Sie können Ihren Blick 400 Meter weit hinab zum Hochrhein schweifen lassen, um mit Ihren Augen dann die Berge des Schweizer Jura zu erklimmen. Bei Föhnlagen, die sich im Frühjahr und Herbst zuverlässig einstellen, reicht die Fernsicht gar bis zu den majestätischen Gipfeln der Alpen. Hierzu bilden die tiefen, schroffen Waldtäler und die Schluchten von Alb, Murg und Wehra dramatische Kontraste und den Wanderern besonders an heißen Sommertagen willkommene schattige Abwechslung. Völlig anders sind auch die Behausungen im Hotzenwald, der in so Vielem vom restlichen Schwarzwald abweicht. Während die eindrucksvollen, stattlichen Schwarzwaldhöfe das Postkartenidyll des Schwarzwalds mitbestimmen, nehmen sich die Bauernhöfe im Hotzenwald mit ihrer kompakten Architektur eher gedrungen und klein aus.

Und dann die Bewohner des Hotzenwalds. Die Schwarzwälder sind im großen Ganzen ein recht politischer Menschenschlag. Nur eben auf eine ganz spezielle Weise, die im Hotzenwald noch eine Spur eigenwilliger und zu manchen Zeiten auch aufrührerischer war und wohl auch heute noch ist. Geprägt wurde der Begriff „Hotzenwald“ übrigens auch von einem Schwarzwälder, dem in Karlsruhe geborenen Schriftsteller Victor von Scheffel. Er führte in seinem Roman „Der Trompeter von Säckingen“ die „Hotzenwälder“ erstmals auf der „Weltbühne“ ein. Als Hotzen bezeichnet die alemannische Sprache eine aus grob gewebtem Tuch gefertigte Hose, woraus man auf die einstige Bekleidung der Waldbewohner schließen darf. So gesehen ist also der Trompeter von Säckingen der berühmteste Hotzenwälder, der es zugleich auf den Gipfel der deutschen Literatur geschafft hat. Die rührende Liebesgeschichte zwischen einer schönen Adligen und dem nicht standesgemäßen Trompeter nimmt viele dramatische Wendungen, bis sie schließlich zu einem allseits glücklichen Ende gelangt. Scheffel arbeitete als Gerichtsschreiber in Bad Säckingen, wo er auch diese herzergreifende Romanze spielen ließ. Wenn Sie mit offenen Augen durch den Hotzenwald wandeln, werden Sie vielen Gaststätten begegnen, die die sich nach dem Trompeter von Säckingen genannt haben.

Görwihl, Herrischried und Rickenbach – das Herz des Hotzenwalds

Die Gemeinde Görwihl ist das Zentrum des Hotzenwalds und liegt herrlich verträumt inmitten einer lieblichen Hügellandschaft, die auch Nicht-Romantiker zum Schwärmen bringen kann. Der Ort kann mit einem Heimatmuseum, einem Hallenbad und vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten aufwarten. Görwihl ist außerdem der ideale Ausgangspunkt für erlebnisreiche Wanderungen durch die Region. Ein Highlight sind die Höllbachwasserfälle, die nur einen halben Kilometer von Görwihl entfernt ein atemberaubendes Naturspektakel bieten.

Ruhe in der Natur und viele Möglichkeiten zur aktiven Freizeitgestaltung finden Sie in Herrischried mit seiner fast unberührten Landschaft. Der Luftkurort ist für Wanderer, Mountainbiker und Kletterer ein beliebtes Urlaubsziel, aber auch Freunde von Tennis, Golf und Bogenschießen können sich hier sportlich betätigen. Wintersportler finden Skilifte und Loipen zum beinahe grenzenlosen Spaß im Schnee. Das Freilichtmuseum von Herrischried ist in einem der ältesten Höfe des Schwarzwalds untergebracht und bietet den Besuchern interessante Einblicke in das Leben der Hotzenwälder Bauern seit dem Jahr 1424. Hierüber könnten Ihnen mein Großvater und andere betagte Wichtel spannende Geschichten erzählen. Die Ödlandkapelle zählt ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten der Gemeinde. Sie wurde 1780 von dankbaren Bauern errichtet, nachdem ihr Vieh von der damals grassierenden Rinderpest verschont worden war.

Auch Rickenbach ist ein Luftkurort, der viele Aktivurlauber und erholungsbedürftige Ruhesuchende anlockt. Wenn Sie neben Freizeitspaß in der herrlichen Natur noch ein Faible für altehrwürdige Kirchen haben, können Sie in Rickenbach eines der eindrucksvollsten Gotteshäuser im deutschen Südwesten bestaunen. Sie können zur Burgruine Wieladingen wandern und den Solfelsen erklimmen. Falls Sie noch höher hinauf wollen, haben Sie auf dem Segelflugplatz die Möglichkeit abzuheben oder sich mittels eines Drachens in die Lüfte zu schwingen.

Freiheit! – revolutionäres Aufbegehren im Hotzenwald

Die Hotzenwälder ließen sich nicht gerne vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen hatten. Darin unterscheiden sie sich nicht von den übrigen Schwarzwäldern. Doch im südlichsten Zipfel des Schwarzwaldes waren die Menschen besonders freiheitsliebend oder rebellisch gesinnt, was wohl auch den damaligen politischen Verhältnissen geschuldet war. Gleich mehrere Herrscher wollten sich diese begehrte Region einverleiben und ihre Bewohner zu fronähnlichen Diensten zwingen. Da die Hotzenwälder jedoch als Waldarbeiter mehr Rechte – damit auch Freiheit – als andere Schwarzwaldbewohner genossen hatten, passte ihnen die Aufhebung ihrer mühsam erworbenen Vergünstigungen keinesfalls.

Als die Österreicher im 18. Jahrhundert im Hotzenwald das Sagen hatten, kam es zum berühmten Aufstand der Salpeterer. Diese Menschen kratzen in Kuhställen mühsam den Salpeter von den Wänden, der zur Herstellung von Schießpulver benötigt wurde. Die Salpeterer wagten den Aufstand und verloren ihn. Der 70-jährige Anführer wurde verhaftet und starb im Freiburger Arrest. Doch immer wieder begehren die Salpeterer gegen die jeweilige Obrigkeit auf und schaffen es, sich mit ihrem hartnäckigen Widerstand lange Zeit unangenehm bemerkbar zu machen. Ein Besuch des Heimatmuseums Klausenhof in Herrischried wird Sie über die im 18. und 19. Jahrhundert geführten „Salpetererkriege“ sehr anschaulich informieren.

Auch die im 16. Jahrhundert ausgebrochenen Bauernkriege nahmen im Hotzenwald ihren Anfang. Die Hotzenwalder Bauern widersetzten sich dem Zwang, den weltliche und kirchliche Herren ausübten. Insgesamt darf der Hotzenwald als rührige und dem Streben nach Freiheit überaus zugetane Region bezeichnet werden, die tapfer und unbeirrt für die Durchsetzung ihrer Rechte in den Kampf zogen.

Der Hotzenwald ist in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderes Stück Schwarzwald. So wird Ihnen auf Schritt und Tritt die wechselvolle Vergangenheit dieser überaus idyllischen Region begegnen, was einen Aufenthalt in diesem herrlichen Landstrich womöglich noch reizvoller und interessanter macht. Lassen Sie sich ein auf einen „wichtelbegleiteten“ Streifzug durch mehrere Jahrhunderte Schwarzwälder Geschichte, die schon so manchem Besucher das Bild des scheuen und „weltfremden“ Schwarzwälders tüchtig zurechtgerückt hat.